Die Bedeutung des familiären Systems und insbesondere der Eltern bzw. Personensorgeberechtigten[1] für eine erfolgreiche Bildungsbiografie von Heranwachsenden ist durch zahlreiche Studien belegt und kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden (Klopsch/ Sliwka 2020). Um gemeinsam bestmöglich auf dieses Ziel hinzuwirken, ist es für das pädagogische Personal in Ganztagsschulen essenziell, die Eltern und weitere Erziehungs- und Bildungspartner*innen in schulische Belange einzubeziehen. Es gilt, möglichst alle Eltern gleichermaßen zu erreichen und mit ihnen eine Erziehungs- und Bildungspartnerschaft zu gestalten (vgl. BMFSFJ 2021: S. 21ff.). Die zentrale Idee dabei ist, Eltern in der „Zusammenarbeit als gleichwertige und gleichberechtigte Partner bei der Erziehung und Bildung des Kindes“ (Textor 2013: 10) zu betrachten.
Um Erziehungs- und Bildungspartnerschaften in der Praxis zu etablieren, ist es für eine Ganztagsschule unabdingbar, ein gemeinsames Konzept zu entwickeln, um den Mitarbeitenden einen verlässlichen Handlungsrahmen zu bieten. Wesentliche Qualitätsmerkmale einer Erziehungs- und Bildungspartnerschaft (vgl. Vodafone Stiftung 2013: 5ff.) sind:
1. Eine gelebte Willkommenskultur, die dafür sorgt, dass sich alle Eltern als Teil der Schulgemeinschaft und wertgeschätzt fühlen.
2. Eine respektvolle Kommunikation, in der sich Eltern und pädagogisches Personal des Ganztages regelmäßig und auch anlassunabhängig (formell und informell) austauschen, um zu vermitteln, dass der Austausch nicht ausschließlich bei auftretenden Problemen gesucht wird.
3. Eine enge Zusammenarbeit mit den Eltern, in der alle Beteiligten (und d.h. auch die Kinder und Jugendlichen) an gemeinsam abgestimmten Lernzielen und -inhalten arbeiten zum Wohle der Heranwachsenden sowie dass,
4. Dass die Mitbestimmung der Eltern gewährleistet ist und diese an Entscheidungen über das Schulleben und Unterrichtsgeschehen beteiligt werden.
In der Praxis haben sich insbesondere niedrigschwellige Angebote wie beispielsweise Elterncafés und -kurse sowie gemeinsame Aktivitäten von Eltern und Schüler*innen/Kindern und Jugendlichen als erfolgsversprechend erwiesen, Eltern stärker am Schulleben zu beteiligen und v.a. auch Personen zu erreichen, die über herkömmliche Kanäle und Formate schwer zu erreichen sind (vgl. Wans 2020). Darüber hinaus ist es wichtig, weitere Partner im Sozialraum (beispielsweise Erziehungsberatungsstellen) in die Erziehungs- und Bildungspartnerschaft einzubeziehen.
Gezielte Anstrengungen zur Verbesserung des Kontakts zwischen Schule und Elternhäusern sind nicht nur im Fall von Eltern aus ethnischen Minderheiten ein wichtiger Ansatz, Schulerfolgschancen zu erhöhen. ‚Eltern‘ sind immer eine heterogene Gruppe, hinsichtlich des sozio-ökonomischen Status, ethnischer Zugehörigkeiten, des Geschlechts, der Religion, des Alters, der Familienformen, der Vertrautheit mit dem staatlichen Bildungssystem und generell sehr unterschiedlichen Ressourcen, ihre Interessen und Wünsche im Kontext von Schule zur Sprache zu bringen und zu verfolgen. Schulen, die sich auf die Heterogenität der Bildungsvoraussetzungen und -bedürfnisse einstellen wollen, müssen spezielle Strategien entwickeln, um alle Eltern zu involvieren, zu informieren und in einem gewissen Rahmen auch zu bilden. (Fürstenau/ Gomolla 2009: 13)
Verwendete Literatur
- Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2021): Neunter Familienbericht – Eltern sein in Deutschland. Berlin.
- Fürstenau, Sara/ Gomolla, Mechthild (2009): Einführung Migration und schulischer Wandel: Elternbeteiligung. In: Fürstenau, Sara/ Gomolla, Mechthild (Hrsg.): Migration und schulischer Wandel: Elternbeteiligung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. S. 13-19.
- Klopsch, B./ Sliwka, A. (2020): Schulte und Eltern als Bündnispartner im Ausgleich von Bildungsdisparitäten. In: Impaktmagazin (Mai 2020): Familiengrundschulzentren – Bildung und Beratung im Stadtteil. Wübbenstiftung, Düsseldorf. Zugriff unter: https://wuebben-stiftung.de/fileadmin/media/publikationen/pdf/WS_impaktmagazin_Familiengrundschulzentren.pdf
- Textor, M. R. (2013): Elternarbeit im Kindergarten - Ziele, Formen, Methoden. 2. Aufl. Norderstedt: BoD – Books on Demand
- Vodafone Stiftung (2013): Qualitätsmerkmale schulischer Elternarbeit – Ein Kompass für die partnerschaftliche Zusammenarbeit von Schule und Elternhaus. Düsseldorf. Zugriff unter: https://www.vodafone-stiftung.de/wp-content/uploads/2020/02/Qualitätsmerkmale-schulischer-Elternarbeit_vodafone-stiftung_druckversion.pdf
- Wans, S. (2020): „Wenn die Kinder sehen, dass auch die Eltern in die Schule gehen, gibt ihnen das Sicherheit“. In: Impaktmagazin (Mai 2020): Familiengrundschulzentren – Bildung und Beratung im Stadtteil. Wübbenstiftung, Düsseldorf. Zugriff unter: https://wuebben-stiftung.de/fileadmin/media/publikationen/pdf/WS_impaktmagazin_Familiengrundschulzentren.pdf
[1] Im Folgenden wird der Einfachheit halber der Begriff „Eltern“ verwendet. Dieser Ausdruck soll sowohl andere Modelle als die „klassische“ Form von Elternschaft (Alleinerziehende, Patchworkfamilien etc.) als auch andere Personensorgeberechtigte als die leiblichen Eltern (Adoptiveltern, weitere Familienmitglieder etc.) miteinschließen.