Baustein 5: 1.2. Schul- und Lernkultur - Partizipation

1.2. Partizipation von Kindern und Jugendlichen

A Thematischer Überblick

Schulkultur - Partizipation von Kindern und Jugendlichen[1]

Partizipation im Sinne von Teilhabe, Beteiligung, Mitwirkung, Mitsprache und Mitverantwortung ist die notwendige Bedingung eines solidarischen, selbstbestimmten und auf Gemeinschaft beruhenden Zusammenlebens und somit der praktische Vollzug von Demokratie. Sie stellt ein verbrieftes Grundrecht eines jeden Heranwachsenden in Deutschland dar und ist dementsprechend eine wichtige Voraussetzung für kind- und jugendorientierte Ganztagsbildung (auch verstanden als Selbstbildung).

Partizipation wird hierbei verstanden als „das aktive und nachhaltige Mitwirken und Mitbestimmen von Kindern und Jugendlichen an Planungen und Entscheidungen, die ihre Lebenswelt betreffen sowie an deren Verwirklichungen“ (Bertelsmann Stiftung 2008: 12). Je nach Ausprägung wird in sogenannten Stufenmodellen zwischen unterschiedlichen Ebenen der Mitbestimmung bzw. in der Regel zwischen echter- und Schein-Partizipation unterschieden (vgl. z.B. Hart 1992 und Schröder 1995). Im Ganztagsschulbereich weisen Forschungsergebnisse darauf hin, dass der Beteiligungsgrad häufig noch zu gering ausfällt und meist nur dann als befriedigend empfunden wird, wenn grundlegende Aspekte der Schule nicht berührt werden (vgl. z.B. Altermann u.a. 2016: 75; vgl. außerdem BMFSFJ 2017: 329 ff.). Diese Einblicke in die Praxis zeigen, dass eine systematische Beteiligung in vielen Bereichen bisher noch nicht strukturell verankert ist, sondern oftmals von der Haltung einzelner Personen abhängt. Demgegenüber steht ein klarer Mitgestaltungswille von Kindern und Jugendlichen in ganztagsschulischen Belangen (vgl. ebd.: 67ff.).

Um Partizipation erfolgreich in der ganztagsschulischen Praxis zu verankern, gilt es die drei folgenden Dimensionen des „Beteiligungsdreicks“ zu berücksichtigen und zu gestalten (vgl. DKJS 2019: 26)

 

1.     Haltung und Rolle der Erwachsenen:

Wesentliche Grundbedingung für die erfolgreiche Implementation von Mitbestimmung an Ganztagsschulen ist eine entsprechende Haltung der dort tätigen Lehr- und Fachkräfte, die Kinder und Jugendliche ernst nimmt, als Expert*innen ihrer Lebenswelt betrachtet und ihnen Mitbestimmungsrechte einräumt. Ohne eine solche Haltung der erwachsenen Bezugspersonen, die Meinungsverschiedenheiten und Diskussionen zulässt und mit einer größtmöglichen Abgabe von Macht und Entscheidungshoheit einhergeht, besteht die Gefahr, dass lediglich eine Schein-Partizipation gelebt wird.

 

2.     Kind- und Jugendorientierte Methoden:

Die Unterschiedlichkeit und auch der jeweilige Entwicklungsstand junger Menschen muss bei der Auswahl von Themen, Methoden und Unterstützungsleistungen berücksichtigt und teilweise flexibel angepasst werden (vgl. DKJS 2019: 25). Allen Kindern und Jugendlichen sollte unabhängig ihres Alters, sozialen Hintergrunds, ihrer Schulbildung, Nationalität, persönlichen Fähigkeiten und Grenzen Partizipation und praktische Demokratiebildung ermöglicht werden. Die Erwachsenen nehmen dabei eine begleitende Rolle ein und müssen sich (nicht nur bei jüngeren Kindern) die Zeit nehmen, die Wünsche und Vorstellungen der Kinder und Jugendlichen anzuhören, auszudiskutieren, in einen realistischen Rahmen zu setzen und sich gleichzeitig dabei auch zurücknehmen und die Schüler*innen gewähren lassen. 

 

3.     Strukturen und Rahmenbedingungen:

Die im Ganztag tätigen Erwachsenen müssen entsprechende Rahmenbedingungen und Strukturen schaffen (können), die Partizipation regelmäßig und fortwährend ermöglichen. Dies beinhaltet neben der Verankerung entsprechender Gremien wie Schüler*innenparlament oder Klassenrat, weitere Beteiligungsformen mit Bezug zu allen Schulbereichen und vor allem auch die entsprechende Qualifizierung der Lehr- und Fachkräfte. 


[1] Dieser Text orientiert sich an dem folgenden Beitrag von Altermann, A./ Steinhauer, R. (im Erscheinen): Mitbestimmen, mitgestalten und mitverantworten – Demokratielernen in Ganztagsschulen. In: Serviceagentur „Ganztägig Lernen“ Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Orientierungsrahmen kind- und jugendorientierte Ganztagsbildung.  Waxmann Verlag, Münster – New York.

 

Verwendete Literatur
  • Altermann, A./ Börner, N./ Lange, M./ Menke, S./ Steinhauer, R./ Tabel, A. (2016): Bildungsbericht Ganztagsschule NRW 2016. Dortmund.
  • Altermann, A./ Steinhauer, R. (i.E.): Mitbestimmen, mitgestalten und mitverantworten – Demokratielernen in Ganztagsschulen. In: Serviceagentur „Ganztägig Lernen“ Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Orientierungsrahmen kind- und jugendorientierte Ganztagsbildung.  Waxmann Verlag, Münster – New York.
  • Bertelsmann Stiftung (2008): Partizipation von Kindern und Jugendlichen in Deutschland – Konzeptionelle Grundlagen und empirische Befunde zur Mitwirkung junger Menschen in Familie, Schule und Kommune. Gütersloh.
  • BMFSFJ – Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2017): 15. Kinder- und Jugendbericht – Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland. Berlin.
  • DKJS – Gemeinnützige Deutsche Kinder- und Jugendstiftung GmbH Sachsen (2019): Demokratie in Kinderhand.
  • Hart, R.A. (1992): Children´s Participation – From Tokenism to Citizenship. Florence, Italy.
  • Schröder, Richard (1995): Kinder reden mit! Weinheim und München

B Praxisbeispiele

  • Gymnasium am Neandertal Erkrath

D Literatur/Linktipps

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