Multiprofessionelle Kooperation Sekundarstufe I – Werkzeugkoffer
Multiprofessionelle Zusammenarbeit in gebundenen Ganztagsschulen der Sekundarstufe I in NRW ist gängige Praxis: So sind häufig neben Lehrkräften noch weitere pädagogische Fachkräfte wie z.B. Schulsozialarbeiter:innen im Ganztag beschäftigt (sogenannte innerschulische Kooperationspartner). Weiterhin gibt es eine breite Palette von Kooperationspartnern, wie z.B. Sportvereine, Musikschulen, Beratungsstellen oder Jugendtreffs, die punktuell und angebotsbezogen oder dauerhaft als außerschulische Kooperationspartner mit einer Ganztagsschule zusammenarbeiten (vgl. Altermann u.a. 2018: 15ff.). Die Möglichkeit zur Einbindung weiterer Kooperationspartner und Professionen ergibt sich aus der Kapitalisierung von bis zu 50 Prozent des Ganztagsstellenzuschlages: Nicht in Anspruch genommene Lehrerstellenanteile aus diesem Zuschlag (i.d.R. 20 %) können in Geld umgewandelt werden, mit dem außerschulische Fachkräfte finanziert werden können.[1] Darüber hinaus gestalten Ehrenamtliche sowie Schülermentor:innen, Sporthelfer:innen, Medienscouts etc. ebenfalls Angebote.
Erfolgreiche, multiprofessionelle Zusammenarbeit gründet sich hierbei auf ein abgestimmtes Miteinander (statt eines Nebeneinanders) der Kooperationspartner und Professionen. Es gilt, ausgehend von einem gemeinsamen Bildungsverständnis und gemeinsam erarbeiteter Ziele, eine kind- und jugendorientierte Ganztagsbildung zu konzipieren. Großer Vorteil solcher Kooperationen ist es, in den Ganztagsschulen interessenorientiertere Angebote durchzuführen, die im normalen Schulalltag so kaum möglich wären: Selbstbehauptungskurs mit einer Sozialpädagog:in, die Verschönerung des Schulgebäudes durch Graffiti mit einer Grafik-Designer:in, ein Projekt zur Vermeidung von Müll mit einer Landschaftsökolog:in oder Kochkurse mit einer Diätassistent:in. Aus einer gelungenen Kooperation können in partizipativen Prozessen kreative und nachhaltige Projekte sowie Angebote entstehen, die ein hohes Potential zur individuellen Förderung bieten und zu einer sinnvollen Rhythmisierung des Tages beitragen. Somit können Kindern und Jugendlichen Angebote unterbreitet werden, zu denen sie ggf. ohne die schulische Kooperation keinen Zugang bekommen hätten.
Für eine gelingende Zusammenarbeit ist es für alle Beteiligten essenziell, (vorab) die jeweiligen professionellen Selbstverständnisse, Arbeitsprinzipien und -methoden kennenzulernen, die (Bildungs-)Perspektive der Kooperationspartner zu verstehen und ein gemeinsames Verständnis von Bildung zu entwickeln (vgl. Mavroudis 2013: 11), in dem die Bedürfnisse und Bedarfe der Heranwachsenden im Mittelpunkt stehen. Hiervon ausgehend gilt es zu klären, welche Ziele in der Zusammenarbeit verfolgt werden und welchen Beitrag die jeweiligen Kooperationspartner leisten können. Diese und weitere Aspekte, wie z.B. konkrete Aufgaben, Aufsichtsfragen, der Zeitrahmen von Angeboten, Vertretungsregelungen sowie der Umgang mit Konflikten sollten im Vorfeld einer Zusammenarbeit besprochen und entsprechende Vereinbarungen getroffen werden. Für eine gewinnbringende Zusammenarbeit ist es wichtig, dass sich alle relevanten Akteur:innen regelmäßig in eigens hierfür vorgesehenen und konzeptionell sowie zeitlich fest verankerten Formaten austauschen.
Zur Weiterentwicklung der Kooperation können darüber hinaus in besonderem Maße professionsübergreifende Fortbildungen beitragen, da sich (neue) Lehr- und Fachkräfte hier Kennenlernen können, ein Austausch über gemeinsame Bildungsvorstellungen erfolgen kann und spezifisches Wissen vermittelt wird. Die Zusammenarbeit gilt es darüber hinaus regelmäßig zu reflektieren, zu evaluieren und hiervon ausgehend weiterzuentwickeln in eigens hierfür vorgesehenen Zeitfenstern und unter Beteiligung aller relevanten Akteur:innen.
Praxisbeispiele
Innerschulische Zusammenarbeit
- Albert-Schweitzer-Realschule Köln: https://asronline.de/ganztag
- Heinrich-Heine-Gymnasium Oberhausen – Enge Zusammenarbeit z.B. bei der Gestaltung von AGs: https://hhg-ob.org/index.php/ganztag/ganztagsgymnasium
- Geschwister-Scholl-Gymnasium Pulheim: https://gsg.intercoaster.de
- Gesamtschule Münster-Mitte (https://gesamtschule-muenster.de)
- Städtische Gesamtschule Körnerplatz Duisburg
- Schulwebsite: https://www.gesamtschule-koernerplatz.de
- Schulportrait Deutscher Schulpreis: https://www.dialogstandorte.de/interkommunale-netzwerktreffen/interkommunale-netzwerktreffen-praxis/3-netzwerktreffen-partizipation/
Zusammenarbeit in Jahrgangsteams
- Gesamtschule Holweide Köln- Team-Kleingruppen-Modell:
- Schulwebsite: https://www.web-gehw.de/team-modell-tkm.html
- Schulportrait von QUA-LiS NRW: https://www.schulentwicklung.nrw.de/q/ganztag/aus-der-praxis/vernetzter-ganztag/gesamtschule-holweide-koeln/teamarbeit/teamarbeit.html
Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern
- Heinrich-Heine-Gymnasium Köln (Schwerpunkt Übergangsgestaltung Grundschule – Sekundarstufe - Berufsorientierung):
- Schulwebsite: https://hhg.koeln
- Schulportrait von QUA-LiS NRW: https://www.schulentwicklung.nrw.de/q/ganztag/aus-der-praxis/vernetzter-ganztag/heinrich-heine-gymnasium/index.html - Anne-Frank-Gesamtschule Dortmund (Schwerpunkt Übergangsgestaltung und kulturelle Bildung):
- Schulwebsite: https://afg-do.de
- Schulportrait von QUA-LiS NRW: https://www.schulentwicklung.nrw.de/q/ganztag/aus-der-praxis/vernetzter-ganztag/anne-frank-gesamtschule/index.html - Theodor-Heuss-Realschule Bielefeld (Schwerpunkte Übergangsgestaltung und Sportförderung) https://www.ths-bielefeld.de
[1] Näheres zum Programm Geld oder Stelle/Kapitalisierung finden Sie unter:
www.schulministerium.nrw.de/docs/Schulsystem/Ganztag/Sekundarstufe-I/index.html