Zwischen dem Träger einer OGS und den Erziehungsberechtigten der jeweils angemeldeten Schüler und Schülerinnen wird ein sogenannter "Betreuungsvertrag"1 geschlossen, der insbesondere zum einen primäre Leistungspflichten wie die Zahlung des Elternbeitrages und die Zahlung des Essensgeldes (an die Kommune oder den Träger der OGS), zum anderen die Gewährleistung geregelter Öffnungszeiten und Vorhaltung eines pädagogischen Konzepts, zum Inhalt hat. Aber auch weitere Rechte und Pflichten der Vertragspartner können vertraglich geregelt werden.
Diese Verträge lassen sich nicht unter die klassischen Vertragstypen (wie z.B. Werk-, Dienst, Kaufvertrag) subsumieren und stellen eine eigene Vertragsart dar. Für die differierenden Elemente, die in einem Betreuungsvertrag aufeinandertreffen, gelten damit auch unterschiedliche rechtliche Voraussetzungen. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, einzelne zentrale rechtliche Aspekte herauszunehmen und diese hinsichtlich ihrer vertraglichen Regelungsbedürftigkeit in Betreuungsverträgen zu untersuchen.
Teilnahmeregelungen
Es ist insbesondere im Hinblick auf das Ziel, den Bildungsauftrag in der OGS umfassend umzusetzen und die OGS verlässlich zu gestalten, unerlässlich, eine Vereinbarung zwischen dem Träger der OGS und den Erziehungsberechtigten zu treffen, welche Grundsätze der Teilnahme für die angemeldeten Kinder gelten sollen. Damit sollen ein geregelter OGS-Alltag entstehen und die jeweiligen pädagogischen Konzepte vor Ort implementiert werden können. Eine auf diesem Gedanken basierende Teilnahmeregelung sollte daher vertraglich fixiert werden. Dies kann sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen. Ein schriftlich fixierter Vertrag ist in jedem Fall sinnvoller, um stets einen Überblick über sämtliche Vertragsmodalitäten zu haben. Außerdem bietet ein schriftlicher Betreuungsvertrag die nötige Rechtssicherheit und Transparenz.
Die konkrete vertragliche Gestaltung kann dann unter Hinweis und Einbeziehung der zurzeit geltenden Erlasslage erfolgen. Diese sieht sowohl eine regelmäßige und tägliche Teilnahme im Regelfall nach erfolgter freiwilliger Anmeldung vor (vgl. 2 BASS 12-63 Nr.2 - 1.2 Spiegelstrich). Gemäß BASS 12-63 Nr.2 - 5.2 erstreckt sich der Zeitrahmen der OGS (unter Einschluss der regulären Unterrichtszeiten) von spätestens 8 Uhr bis mindestens 15 Uhr, in der Regel jedoch bis 16 Uhr und bei Bedarf auch länger.
Auch die Durchsetzbarkeit der Teilnahmeregelung bzw. die Folgen von Verstößen dagegen sollten sich im Vertragstext des Betreuungsvertrages wiederfinden. Dies ist auch im Hinblick auf eine transparente und eindeutige Festlegung und Beschreibung der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien sinnvoll.
Auch aus Sicht der Kommunen wäre eine vertraglich konkretisierte Teilnahmeregelung wünschenswert. Die Kommunen könnten ihrer Hinwirkungspflicht auf die vollständige Implementierung der Erlasslage Genüge tun, in dem sie zum Beispiel die Aufnahme einer entsprechenden Vertragsklausel im Kooperationsvertrag zwischen Schulträger, Kommune und Träger der OGS, anregen. In dieser Klausel könnte eine Zusage des Trägers der OGS festgelegt werden, eine Teilnahmeregelung in seine Betreuungsverträge mit den Erziehungsberechtigten aufzunehmen und vor Ort durchzusetzen.
Jedoch sollte aber in jedem Fall ein genereller Ausnahmetatbestand von der vereinbarten Teilnahmeregelung im Betreuungsvertrag formuliert werden, der den Erziehungsberechtigten die Möglichkeit bietet, das Kind in Absprache mit OGS-Leitung und Schulleitung bei Vorliegen von nachvollziehbaren, ausnahmsweise vorliegenden Gründen vor 15 Uhr abzuholen (Hier ein Beispiel aus der Praxis: Ein Bundesligaverein aus NRW fördert jeden Montag junge Nachwuchstalente in der Zeit von 11 bis 16 Uhr. Ein solches Nachwuchstalent wird von der 4. bis zur 6.Stunde von der Schulleitung vom Unterricht freigestellt und im Anschluss daran selbstverständlich auch von der Teilnahme an der OGS durch die OGS-Leitung freigestellt). Gleichzeitig sollte formuliert werden, dass solche Ausnahmen tatsächlich Ausnahmen bleiben und die regelmäßige, d.h. tägliche Teilnahme in den jeweils geltenden OGS-Zeiten die Regel darstellt.
Bei regelmäßigen Terminen (z.B. Arztbesuche, therapeutische Termine), die dazu führen, dass Schüler und Schülerinnen mehr oder weniger regelmäßig nicht an der OGS bis 15 Uhr teilnehmen können, stellt sich die Frage, ob die OGS für das jeweilige Kind das richtige Angebot darstellt und nicht die Inanspruchnahme von Angeboten im Rahmen der Betreuungspauschale sinnvoller wäre.
Kündigung
Im Anschluss an das Thema der Teilnahmeregelungen und Verstößen dagegen ist die generelle Frage der in Betreuungsverträgen zu regelnden und regelbaren Kündigungsmöglichkeiten. Hierbei ist es sinnvoll, zwischen den Kündigungsmöglichkeiten seitens der Erziehungsberechtigten und denen des Trägers der OGS zu unterscheiden:
Seitens der Erziehungsberechtigten
Den Erziehungsberechtigten sollte die Möglichkeit der Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund vertraglich offen gehalten werden. Wichtige Gründe stellen zum Beispiel Schulwechsel, Umzug oder gesundheitliche ärztlich attestierte Probleme, die zu einer mangelnden Teilnahmefähigkeit führen, dar. Hierbei sollte eine angemessene Kündigungsfrist gewahrt werden, damit alle Beteiligten sich auf die Beendigung des Vertragsverhältnisses einstellen können. Interessengerecht erscheint insoweit eine Kündigungsfrist mit einem längeren Vorlauf von ggf. bis zu drei Monaten, die damit gleichlaufend ist zur Pflicht zur Zahlung des Elternbeitrages, die dann mit Wirksamwerden der Kündigung entfällt. Für den Träger sind unterjährige Kündigungen nach dem festgelegten Stichtag für die Zahl der förderfähigen Ganztagsplätze (1.Schultag nach den Herbstferien, vgl. BASS 11-02 Nr.19 - 6.2.2.) i.d.R. förderunschädlich. Ferner sollte ein Schriftformerfordernis mit entsprechendem Nachweis bzw. Begründung für die Kündigung konstituiert werden, was im Übrigen auch für alle nachfolgenden Kündigungsmöglichkeiten gilt.
Seitens des Trägers der OGS
Dem Träger der OGS sollten für verschiedene denkbare Situationen ebenfalls eine Kündigungsmöglichkeit eingeräumt werden. Ein Fall wäre zum Beispiel, wenn alle vorhandenen Hilfesysteme (Eltern, Schulleitung, externe Stellen) zur Integration eines Kindes in die OGS genutzt worden sind, diese jedoch fehlgeschlagen sind und sich das das Kind als nicht tragbar und damit als nicht „OGS-fähig“ erweist. Dies ist stets dann gegeben, wenn das Kind eine Gefahr für sich und andere darstellt. Liegt eine solche Situation vor, berichten die OGS-Leitung und die Schulleitung schriftlich dem Träger der OGS hierüber. Unter Zugrundelegung des gefertigten Berichts wird mit der Stadtverwaltung Einvernehmen über eine Kündigung hergestellt und diese sodann durch den Träger der OGS schriftlich gegenüber den Erziehungsberechtigten ausgesprochen. Gegebenenfalls ist ebenfalls eine Freistellung von der OGS mit sofortiger Wirkung bei Gefahr im Verzug auszusprechen. Um die jeweilige Nachweispflicht zur Berichterstattung zu erfüllen, sollte die OGS-Leitung die Entwicklung der Situation und die Nutzung sämtlicher Hilfesysteme dokumentieren, um so den wichtigen Kündigungsgrund nachvollziehbar darlegen zu können.
In Anlehnung hieran ist auch die Situation denkbar, dass für den Träger und das OGS-Personal die Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten unzumutbar geworden und eine Kündigung des Vertragsverhältnisses als letztes Mittel geboten ist. Auch hier sollte der Träger zuvor eine Mahnung mit Hinweis auf die drohende Kündigung aussprechen und die unlösbaren Probleme in der Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten schriftlich dokumentieren, um so den Nachweis der Unzumutbarkeit führen zu können.
Ein weiterer Kündigungsgrund ist im wiederholten Falle der Nicht- bzw. Zuspäterfüllung der Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Träger der OGS (Essensgeld) durch die Erziehungsberechtigten zu sehen. Um den Erziehungsberechtigten die Möglichkeit einzuräumen, zukünftig ihren vertraglichen Pflichten nachzukommen, sollte ebenfalls eine Mahnung vor Ausspruch der Kündigung erfolgen.
Auch andere Vertragspflichtverletzungen wie zum Beispiel ein wiederholter Verstoß gegen die vereinbarten Teilnahmeregelungen, bilden die Grundlage für eine Kündigung seitens des Trägers der OGS und sollten in den Betreuungsverträgen mit den jeweiligen Kündigungsvoraussetzungen aufgenommen werden.
Ein weiteres Kündigungsrecht durch den Träger der OGS ist zu bejahen, wenn die OGS vom jetzigen Träger nicht fortgeführt wird. In diesem Fall darf der Träger selbstverständlich auch den Betreuungsvertrag mit Wirkung zum jeweiligen Beendigungszeitpunkt der Trägerschaft kündigen. Die Schulleitung sollte jedoch möglichst zeitnah die Erziehungsberechtigten über den Trägerwechsel informieren, so dass diese gegebenenfalls mit dem neuen Träger einen Betreuungsvertrag für das neue Schuljahr schließen können. Zu empfehlen ist jedoch, dass Trägerwechsel nur zum jeweiligen Schuljahresende möglich sind.
Weiterzahlung von Elternbeiträgen nach Kündigung
Für alle Kündigungsgründe, die aus der Sphäre der Erziehungsberechtigten oder des Kindes kommen, stellt sich die Frage, ob nach Wirksamwerden der Kündigung, die Pflicht zur Zahlung des Elternbeitrages entfällt. Dieser Gedanke entspringt aus der Situation, dass die Kommunen zu Beginn des jeweiligen Schuljahres auf Grund der beantragten Gruppenstärke bzw. Kinderzahlen ihren Eigenanteil, der in der Regel durch Erhebung der Elternbeiträge gedeckt wird, festgesetzt und an die jeweiligen Träger der OGS Fördermittel ausgeschüttet haben. Der Träger hat wiederum auf Grund der bewilligten Gruppen bereits für das ganze Schuljahr Personal eingestellt und Investitionen getätigt.
Würde nun die Pflicht zur Weiterzahlung des Elternbeitrages entfallen, entstünde ein erheblicher finanzieller Schaden auf allen Seiten, da sowohl Kommune als auch Träger in Vorleistung getreten sind. Im Hinblick auf den Hintergrund, dass die monatliche Erhebung des Elternbeitrages durch die Kommunen vor allem darauf gründet, die Erziehungsberechtigten nicht unzumutbar finanziell zu belasten (z.B. durch Erhebung eines Jahresbeitrages), sondern durch die monatliche Staffelung diese Belastung sozial adäquat gestaltet werden soll, ist diese Folge für alle Beteiligten unzumutbar.
Auch auf Grund des Herrührens des Kündigungsgrundes aus der Sphäre der Erziehungsberechtigten bzw. des Kindes, besteht die Pflicht zur Weiterzahlung des Elternbeitrages fort. Auf diese Folge sollten die Erziehungsberechtigten auch im Betreuungsvertrag hingewiesen werden. Eine Ausnahme für die Weiterzahlung des Elternbeitrages sollte für folgende Alternativen gelten: Ein Schaden entsteht nur dann nicht, wenn es eine Warteliste bzw. ein Ersatzkind gibt, das den alten Platz „übernimmt“, also ein neuer Betreuungsvertrag abgeschlossen wird und so die Beitragszahlung gewährleistet wird. Darüber hinaus sollte auch im Falle des Schulwechsels eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Weiterzahlung der Elternbeiträge gemacht werden, unabhängig davon, dass hierbei dennoch ein Schaden zu verzeichnen wäre. Hierfür muss jedoch beispielsweise der Nachweis für den Schulwechsel durch die neue aufnehmende Schule geführt werden.
Datenschutz
In der Praxis kommt immer wieder die Frage auf, ob und wie ein Austausch zwischen den Lehrkräften und dem pädagogischen Personal des Offenen Ganztags unter Datenschutzaspekten stattfinden kann.
§ 120 SchulG NRW führt aus:
"Die gespeicherten personenbezogenen Daten dürfen in der Schule nur den Personen zugänglich gemacht werden, die sie für Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen."
Im Dezember 2019 hat der Landtag im Rahmen einer kleinen Anfrage "Datenschutzrechtliche Zusammenarbeit in der Schule" (Drs. 17/ 8396) ausgeführt, dass zu den Personen, denen zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 120 Abs. 1 SchulG NRW personenbezogene Daten zugänglich gemacht werden dürfen, neben den Lehrkräften und sonstigen im Landesdienst stehendem pädagogischen und sozialpädagogischen Personal nach § 58 SchulG auch das im Ganztag eingesetztes Personal gehört. Da die OGS als schulische Veranstaltung gilt, ist es damit zulässig, den pädagogischen Ganztagskräften diejenigen personenbezogenen Daten zugänglich zu machen, welche sie zur Erfüllung der Angebote des Offenen Ganztags benötigen. Dazu gehört auch der Austausch zu den Förderbedarfen der Schülerinnen und Schüler. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass ein Austausch über andere Daten (z.B. Bankverbindung etc.) grundsätzlich nicht von § 120 SchulG NRW erfasst ist und somit einer ausdrücklichen Einwilligung bedarf. Aus diesem Grund und zur Gewährleistung einer umfassenden Transparenz den Erziehungsberechtigten gegenüber, über was ein Austausch stattfindet, ist es ratsam eine entsprechende Einwilligungserklärung bereits mit in die Betreuungsverträge aufzunehmen. Auf Grund der Bestimmungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist daneben eine umfängliche Datenschutzerklärung seitens des außerunterrichtlichen Trägers gegenüber den Eltern als Vertragspartei, erforderlich. "
1 Bei dem Begriff "Betreuungsvertrag" handelt es sich um einen in der Praxis üblicherweise verwendeten Begriff, der jedoch keine inhaltliche Qualifizierung als Betreuungsmaßnahme beinhaltet - möglich wären deswegen auch inhaltlich genauere Begriffe wie "OGS-Vertrag" oder "Vertrag über die Teilnahme an der OGS"