Im Primarbereich gibt es inzwischen rund 3.000 offene Ganztagsschulen (OGS). In einigen Schulen gibt es inzwischen großes Interesse nach Weiterentwicklung zu einer gebundenen Ganztagsschule. Dieser Wunsch ist verständlich, erleichtert doch eine gebundene Ganztagsschule vor allem eine gute Rhythmisierung des Tages. Gebundene Ganztagsschulen im Primarbereich werden zurzeit allerdings nicht genehmigt. Grundsätzlich ist es aber zumindest möglich, eine Schule als OGS im Sinn von § 9 Abs. 3 SchulG zu führen, in der alle Schülerinnen und Schüler am Ganztag teilnehmen. Diese Schule würde dann im Grunde wie eine gebundene Ganztagsschule arbeiten.
Wer eine OGS wie eine gebundene Ganztagsschule arbeiten lassen will, muss sich mit der folgenden Rechtslage auseinandersetzen:
- Eltern haben lt. § 46 Abs. 3 SchulG grundsätzlich einen Anspruch auf den Besuch der nächstgelegenen Schule, auch wenn Sie keinen Ganztagsplatz wünschen. Deswegen darf eine Grundschule als Ganztagsschule keine Halbtagsschülerinnen und -schüler ablehnen.
- Elternbeiträge sind in einer gebundenen Ganztagsschule nicht zulässig (Schulgeldverbot). In einer OGS, an der alle Kinder teilnehmen, stellt sich ebenso die Frage, ob Elternbeiträge zulässig sind, selbst wenn man berücksichtigt, dass die außerunterrichtlichen Angebote in der OGS nach der nordrhein-westfälischen Rechtslage als eine Art Kindertageseinrichtung nach § 22 SGB VIII in der Schule betrachtet werden können. Eine Kommune kann durchaus auf Elternbeiträge für die OGS verzichten. Dies dürfte in den meisten Städten und Gemeinden schwierig werden. In diesem Zusammenhang muss man natürlich auch darüber nachdenken, dass man ggf. nur schwer begründen kann, warum es in der einen Schule bzw. der einen Stadt Elternbeiträge gibt, in einer anderen aber nicht.
- Schließlich stattet das Land im Primarbereich eine OGS deutlich besser aus als gebundene Ganztagsschulen. Gebundenen Ganztagsschulen kann das Land lediglich einen Lehrerstellenzuschlag in Höhe von 20% gewähren, während hingegen die Fördersätze bei einer offenen Ganztagsschule im Primarbereich einen Stellenzuschlag von etwa 70% gleichkommen (davon etwa zwei Siebtel = 20 %-Punkte in Lehrerstellen). Die wenigen gebundenen Ganztagsgrundschulen, die es zurzeit in Nordrhein-Westfalen gibt -, werden von den Schulträgern mit erheblichen freiwilligen Mitteln ausgestattet.
Das Vorhaben einer „gebundenen" Grundschule in Form einer „offenen Ganztagsschule für alle" kann durchaus funktionieren, wenn die genannten drei Fragen weitestgehend gelöst werden. Gleichwohl kann es letztlich bei einem Konflikt bleiben, wenn es in der Schule Bedarf für Halbtagsbeschulung gibt. Der Rhythmisierung des Schultags im Sinne einer gebundenen Ganztagsschule sind dann Grenzen gesetzt.