Mit dem Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter (Ganztagsförderungsgesetz - GaFöG) vom 2. Oktober 2021 hat die Bundesregierung den Anspruch auf ganztägige Betreuung rechtlich verankert: Ab August 2026 sollen zunächst alle Kinder der ersten Klassenstufe einen Anspruch darauf haben, ganztägig gefördert zu werden. Der Anspruch soll in den Folgejahren um je eine Klassenstufe ausgeweitet werden, damit ab August 2029 jedes Grundschulkind der Klassenstufen 1 bis 4 einen Anspruch auf ganztägige Betreuung hat.
Dieser Rechtsanspruch soll sowohl in Horten als auch in offenen und gebundenen Ganztagsschulen erfüllt werden. Dafür müssen noch mehr als 800.000 zusätzliche Plätze geschaffen werden.
Geregelt wird der Rechtsanspruch auf Bundesebene im Achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII, § 24). Dieser sieht einen Betreuungsumfang von acht Stunden an allen fünf Werktagen vor. Die Unterrichtszeit wird angerechnet. Der Rechtsanspruch soll auch in den Ferien gelten, dabei können Länder eine Schließzeit bis maximal vier Wochen regeln. Eine Pflicht, das Angebot in Anspruch zu nehmen, gibt es nicht.
Nun liegt es in der Verantwortung der Bundesländer, das Bundesgesetz in Landesausführungsgesetze umzusetzen. Hier ist Nordrhein-Westfalen durch seine langjährigen Erfahrungen mit dem sogenannten „Trägermodell“ der offenen Ganztagsgrundschule OGS gut vorbereitet: Die Regelung, dass eine Ganztagsbetreuung auch an Schulen stattfinden kann, ist hier sowohl im Kinderbildungsgesetz (§ 4) als auch im Schulgesetz (§ 9) verankert und wird im Rahmen der OGS umgesetzt. Dennoch gibt es Handlungs- und auch Verbesserungsbedarfe vor Ort, z.B. in Bezug auf die Kooperation von Jugendhilfe und Schule, die Qualität der Ganztagsangebote, der Finanzierung oder die Ausstattung mit Fachkräften.
„Nordrhein-Westfalen ist gut auf ein gemeinsames Handeln von Jugendhilfe und Schule vorbereitet. Auch in Zukunft wird das nordrhein-westfälische Trägermodell gelten. Wir müssen meines Erachtens die Einführung des Rechtsanspruchs jedoch zum Anlass nehmen, einige Ungleichgewichte zu regeln. Bisher ist de facto, nicht de iure, die Schulaufsicht für Genehmigung und Aufsicht zuständig, auf der Seite der Jugendhilfe fehlt das Gegenstück. Daher plädiere ich dafür, dass die zukünftigen OGS’en auch eine Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII erhalten. Damit bilden die Jugendämter ein Gegengewicht zur Schulaufsicht. Bei Konflikten müssen sich dann Jugendamt und Schulaufsicht miteinander auf Augenhöhe – wie das so heißt – verständigen.“
Dr. Norbert Reichel
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