„Bildung 2030 – Sieben Trends, die die Ganztagsschule revolutionieren“ – so lautete der Titel des Fachvortrags von Prof. Dr. em. Olaf Axel Burow am 04.07.2018 im Bennohaus, Münster. Nicht ohne Grund waren das Thema und der namhafte Referent für die Eröffnung der neuen Vortrags- und Diskussionsreihe der Serviceagentur „Ganztägig lernen“ Nordrhein-Westfalen (SAG NRW) „ganz!im Gespräch – Wissenschaft trifft (Ganztagsschul-)Praxis“ ausgewählt worden: So steht das neue Veranstaltungsformat ganz im Zeichen des Austausches zu aktuellen gesellschaftlichen und bildungsbezogenen Themen und deren Relevanz für Ganztagsschulen in NRW. Die Veranstaltung war – so wie auch die Folgeveranstaltungen– ganz bewusst auf die frühen Abendstunden gelegt worden, um gerade die Praktikerinnen und Praktiker nach Feierabend zu erreichen. Denn: Neben den fachlichen Inputs der Referierenden soll bei dem neuen Format die Praxis zu Wort kommen durch Wortbeiträge, Berichte aus der eigenen Ganztagsschulpraxis und (kritische) Nachfragen.
Sabine Schröer und Dörthe Heinrich, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen in der SAG, führten die rund 70 Teilnehmenden aus ganz NRW – darunter viele pädagogische Fachkräfte und Lehrkräfte aus Ganztagsschulen – durch den Abend. Den Einstieg bildete der 45-minütige Fachvortrag.
Prof. Dr. Burow zeigte vor dem Hintergrund seiner langjährigen Erfahrung im Bereich der Bildungsforschung und -entwicklung aktuelle und zukünftige Herausforderungen und Entwicklungen für Ganztagsschulen im Primarbereich und in weiterführenden Schulen auf. Für die „(Ganztags-)Schule 2030“ machte Professor Burow „sieben Trends“ aus, die sich aus Sicht des Referenten massiv auf die (Ganztags-)Bildung und die Bedingungen des Lernens und Aufwachsens auswirken:
Neben der allgegenwärtigen und weiter zunehmenden Digitalisierung müssten sich Pädagoginnen und Pädagogen künftig auf eine neue Berufsrolle einstellen, die u.a. stärker die individuelle Begleitung und Vernetzung der Schülerinnen und Schüler fokussiere, so seine These. Auch Lehr- und Lernräume müssten den veränderten Bildungsbedingungen angepasst werden (z.B. partizipativ entwickelte, multifunktionell-orientierte Raum(nutzungs)konzepte). Aufgrund der zunehmenden Belastung (sowohl der pädagogisch Tätigen als auch der Kinder und Jugendlichen) werde Gesundheitsorientierung für Ganztagschulen zunehmend wichtiger. Zudem spiele die Demokratisierung und Demokratiebildung in Schule und an außerschulischen Bildungsorten in der Kommune künftig eine noch stärkere Rolle, ebenso wie die Frage nach Zufriedenheit und „Lernglück“ der Heranwachsenden.
Eine anschließende Fishbowl-Diskussion lud dazu ein, auf der Grundlage des Vortrags miteinander ins Gespräch zu kommen und die Perspektiven der Ganztagsschulpraxis in Relation zum Gehörten zu setzen. Jeweils einen festen Platz in der Runde hatten fünf Expertinnen aus der Ganztagsschulpraxis der Primarstufe und der Sek. I sowie aus der kommunalen Steuerung. Karin Schild vom Fachdienst OGS der Stadt Münster beleuchtete die künftigen Herausforderungen und Chancen offener Ganztagsschulen aus der Perspektive der kommunalen Steuerung: So ist das Jugendamt Träger eines Großteils der offenen Ganztagsschulen im Primarbereich in Münster. Birgit Stegemann (Ganztagskoordinatorin der Augustinusschule, Dülmen) und Sabine Malecki (Schulleiterin der Paul-Schneider-Schule, Münster) vertraten die Praxis offener Ganztagsschulen im Primarbereich. Kathi von Hagen (Schulleiterin der Gesamtschule Münster Mitte) und Ulrike Schmitt-Emmerich (Schulsozialarbeiter der Gesamtschule Münster Mitte) schilderten künftige Entwicklungen und Herausforderungen aus Sicht einer weiterführenden Schule.
In der offenen Diskussionsrunde konnten die auch die Zuhörenden ihre Sichtweise auf eine „Ganztagsschule der Zukunft“ sowie die eigene Praxiserfahrung einzubringen. Häufig wurde auch das Wissen der Expert*innen nachgefragt, beispielsweise wenn es um Fragen der „Machbarkeit“ ging. Hierin waren sich die Anwesenden einig: Vielen zukünftigen Herausforderungen müssten Ganztagsschulen mit Mut und manchmal auch Geduld entgegentreten.
Dass das neue Format der SAG auf viel Zuspruch stieß, zeigten die Rückmeldungen der Teilnehmenden: So äußerten sich zahlreiche Teilnehmende positiv über den Vortrag, der „viele gute, neue Impulse“ vermittelt habe. Manch einer hätte im Anschluss „gerne noch mehr Zeit zum Diskutieren“ gehabt. Als besonders positiv empfanden viele Teilnehmende die Uhrzeit und das Format der Veranstaltung, denn: „Viele pädagogisch Tätige können sich keinen ganzen Tag frei nehmen für einen Fachtag oder ein Beratungsforum. Da ist es toll, eine solche Veranstaltung nach Feierabend besuchen zu können.“ In diesem Jahr werden noch vier weitere Veranstaltungen in der Reihe „ganz!imGespräch – Wissenschaft trifft (Ganztagsschul-)Praxis“ stattfinden – alle im Bennohaus Münster und in den frühen Abendstunden.